Reuters

Deutsche Börse bereitet Stellenabbau vor - "Große Unruhe"

09.10.2015
um 16:21 Uhr

- von Andreas Kröner und Jonathan Gould

Frankfurt (Reuters) - Die Deutsche Börse plant Unternehmenskreisen zufolge eine neue Runde von Stellenstreichungen.

Seit einiger Zeit gebe es darüber Gespräche zwischen dem Management und dem Betriebsrat, sagten drei mit dem Vorgang vertraute Personen am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters. Wie viele Arbeitsplätze bei Deutschlands größtem Börsenbetreiber wegfielen, sei derzeit noch nicht absehbar, sagte einer von ihnen. "Ich denke, dass wir bis Jahresende Klarheit haben." Vorstandschef Carsten Kengeter, der seit Juni an der Spitze des Konzerns steht, unterstreicht mit diesem Schritt erneut, dass sich bei dem Frankfurter Unternehmen unter ihm einiges verändern wird.

Der seit Juni amtierende Vorstandsvorsitzende hat bereits im Sommer angekündigt, dass er Hierarchien abbauen und Funktionen zusammenlegen will, um die Deutsche Börse agiler und effektiver zu machen[ID:nL5N10748D]. Im Rahmen des Umbauprogramms sollen Insidern zufolge auch rund 35 gut bezahlte Manager aus verschiedenen Konzernbereichen die Hessen verlassen, sagten Insider. Darüber hatte zuerst die Agentur Bloomberg berichtet. Betroffen davon sind Firmenkreisen zufolge unter anderem leitende Angestellte und Managing Directors. "Im Unternehmen herrscht derzeit große Unruhe", sagte ein Mitarbeiter. Dazu trage auch die geplante Umwandlung des Konzerns in eine europäische Aktiengesellschaft (SE) bei. Sie soll auf der Hauptversammlung des Unternehmens im kommenden Jahr beschlossen werden, wie ein Sprecher bestätigte. Zu den geplanten Stellenstreichungen wollte sich das Unternehmen nicht äußern.

Was Stellenstreichungen und Einsparungen angeht, setzt Kengeter eine langjährige Tradition bei der Deutschen Börse fort. Wenn ein Sparprogramm ausläuft, folgt meist direkt das nächste. Das letzte Paket beschloss das Unternehmen im Februar 2013. In der Regel kommt die Deutsche Börse dabei ohne betriebsbedingte Kündigungen aus und bewegt Mitarbeiter mit Abfindungen und Reglungen zur Frühverrentung zu einem freiwilligen Ausscheiden. Zur Jahresmitte beschäftigte die Firma rund 4.900 Mitarbeiter. Die Stellenstreichungen werden somit deutlich geringer ausfallen als beim Nachbarn Deutsche Bank, wo Finanzkreisen zufolge mehrere Tausend Arbeitsplätze wegfallen sollen[ID:nL5N11K2NS].

Bei der Deutschen Börse will der langjährige Investmentbanker Kengeter das eingesparte Geld nutzen, um in neue Wachstumsinitiativen zu investieren. Mit der Übernahme von zwei Index-Anbietern sowie der Devisenhandelsplattform 360T hat er in seinen ersten Monaten an der Konzernspitze bereits für einigen Wirbel gesorgt[ID:nL5N10824A]. Andere Projekte überprüft er oder verschiebt sie nach hinten, beispielsweise die geplante Eröffnung einer Derivatebörse und eines Abwicklungshauses in Singapur[ID:nL5N11F256]. "Er krempelt den Laden um", betonte ein Deutsche-Börse-Manager. "Ich bin sicher, dass wir in zehn Jahren nicht mehr so aufgestellt sind wie heute."

Auch der Verkauf von Geschäftsbereichen oder Beteiligungen sei denkbar, sagte ein anderer Insider. Die meisten Investoren sind mit dem Kurs der Deutschen Börse derzeit zufrieden. Die Aktien des Unternehmens haben seit Jahresbeginn rund 30 Prozent zugelegt und zählen damit zu den erfolgreichsten Werten im Dax. Besser abgeschnitten haben bisher nur der Gesundheitskonzern Fresenius und der Sportartikelhersteller Adidas.

adidas AG

WKN A1EWWW ISIN DE000A1EWWW0

Deutsche Bank AG

WKN 514000 ISIN DE0005140008

Deutsche Börse AG

WKN 581005 ISIN DE0005810055

Fresenius SE & Co. KGaA

WKN 578560 ISIN DE0005785604