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Finanzinvestor EQT nimmt Linux-Firma Suse von der Börse

18.08.2023
um 13:32 Uhr

- von Alexander Hübner

München (Reuters) - Nach gut zwei Jahren will der schwedische Finanzinvestor EQT den Linux-Softwareanbieter Suse wieder von der Börse nehmen - und das Unternehmen selbst dafür zahlen lassen.

EQT kündigte am Donnerstagabend ein Übernahmeangebot an die übrigen Aktionäre über 16 Euro je Aktie an, mit dem das Nürnberger Unternehmen mit 2,72 Milliarden Euro bewertet wird. Das Geld für die Offerte - bis zu 584 Millionen Euro - kommt von Suse. Die Firma soll einer Vereinbarung mit EQT zufolge eine Sonderdividende zahlen, die genau so hoch ausfällt, dass ihr Mehrheitsaktionär die anderen Anteilseigner dafür herauskaufen kann. Suse soll dazu bis zu einer halben Milliarde Euro zusätzliche Schulden aufnehmen.

Dass Finanzinvestoren ihren Unternehmensbeteiligungen mehr Schulden aufbürden, ist üblich. Bei einer börsennotierten Firma ist das aber ungewöhnlich. Schon beim Börsengang hatte EQT 426 Millionen Euro eingenommen, hält aber immer noch 79 Prozent der Anteile. Finanziell sei das Engagement bei Suse für EQT bereits ein Erfolg, sagte der Deutschland-Chef des Investors, Johannes Reichel, der Nachrichtenagentur Reuters: "Wir konnten beim Börsengang ein Drittel des eingesetzten Kapitals an unsere Investoren ausschütten." Dass Suse an der Börse sich schnell als Flop erwies, machte es EQT aber schwer, weitere Anteile auf den Markt zu werfen.

Spekulationen über einen Rückzug von der Börse hielten sich deshalb seit Monaten. "Für den Kurssturz waren drei Faktoren ausschlaggebend", analysierte EQT-Partner Reichel. "Technologie-Aktien gerieten durch die steigenden Zinsen unter Druck, das Endkunden-Geschäft von Suse zeigte Schwächen, und die Umsetzung der Strategie war zuletzt nicht mehr so stringent." Zudem habe der Aktienkurs darunter gelitten, dass kaum Papiere gehandelt wurden. Die Aktionärsstruktur sei zum Hemmschuh geworden, hieß es in einer Studie von Jefferies. Diese Lösung sei daher keine Überraschung.

Der Preis liegt zwei Drittel über dem Xetra-Schlusskurs der Suse-Aktie von 9,605 Euro vom Donnerstag. Am Freitag schoss das im Kleinwerteindex SDax notierte Papier um 60 Prozent auf 15,36 Euro nach oben. Ausgegeben worden waren die Papiere vor gut zwei Jahren aber zu 30 Euro, fast dem doppelten Preis.

Außerhalb der Börse könne sich der neue Vorstand um den im Frühjahr vom Rivalen Red Hat gekommenen Dirk-Peter van Leeuwen besser auf die langfristige Strategie konzentrieren, erklärte Reichel. Van Leeuwen stellte sich hinter die Delisting-Pläne: "Dies wird uns den nötigen Spielraum geben, um das Geschäft weiter auszubauen." EQT hatte das 1992 gegründete Unternehmen 2018 für 2,5 Milliarden Dollar aus dem US-Konzern Micro Focus herausgelöst. Suse macht das Open-Source-Betriebssystem Linux für Unternehmen, Behörden und Universitäten nutzbar. Der Name Suse steht für "Software und System-Entwicklung".

EQT-PARTNER: STEHEN NICHT UNTER ZEITDRUCK

Die Suse-Aktionäre müssen ihre Anteilsscheine nicht an EQT verkaufen. Nach dem geplanten Börsen-Rückzug können sie sie aber nicht mehr dort handeln. Die Übernahme soll bis Anfang Oktober unter Dach und Fach sein. Die Dividende fällt umso höher aus, desto mehr Aktionäre die Offerte annehmen. Die Vereinbarung dazu sei im Suse-Aufsichtsrat ohne die drei EQT-Vertreter - darunter Reichel - geschlossen worden, sagte ein Sprecher.

EQT werde Suse noch für einige Zeit begleiten. "Wir stehen nicht unter Zeitdruck", sagte Reichel. Der Fonds EQT VIII, der die Suse-Anteile hält, laufe noch bis 2028. "Ich glaube nicht, dass wir in den nächsten zwölf Monaten verkaufen werden - aber wir werden wohl auch nicht noch einmal vier Jahre investiert bleiben." Danach steht eher ein Verkauf als ein neuer Börsengang an: "Es gibt viel Interesse von Finanzinvestoren", aber auch aus der Branche, sagte Reichel mit Blick auf den Einstieg von IBM bei Red Hat.

(Bericht von Alexander Hübner, redigiert von redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

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