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Österreichs Energieministerin will OMV-Verträge mit Gazprom beenden

12.02.2024
um 18:07 Uhr

Wien (Reuters) - Österreichs Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) will angesichts rekordhoher Mengen an russischem Erdgas im Land die langfristigen Verträge des Öl- und Gasunternehmens OMV mit dem russischen Energiekonzern Gazprom beenden.

"Wir müssen den Ausstieg aus den Verträgen vorbereiten", sagte sie am Montag. Die Verträge mit Gazprom waren 2018 vorzeitig bis 2040 verlängert worden und sehen die verpflichtende Abnahme von großen Mengen an Erdgas vor. Dies ist laut Gewessler einer der Gründe für den hohen Anteil an russischem Gas im Land. "Die hohe Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen stellt für Österreich ein großes wirtschaftliches und sicherheitspolitisches Risiko dar". Zudem finanziere man damit den Krieg in der Ukraine.

Die Ministerin verwies darauf, dass Russland 2022 die Gas-Mengen einseitig reduziert hatte. Zudem berge das Auslaufen des Transitvertrages über die Ukraine 2025 die Gefahr, dass Russland erneut Lieferungen drosselt. "Wenn uns einseitige Nicht-Erfüllungen des Vertrages Handlungsmöglichkeiten geben, dann soll man die nicht nur prüfen, sondern auch umsetzen." Das Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo soll bis zum Sommer die volkswirtschaftlichen Auswirkungen einer Vertragskündigung sowie die Gefahren einer längeren Abhängigkeit von russischem Gas analysieren.

Unklar ist, auf welcher Grundlage ein Ausstieg aus den Verträgen erfolgen könnte. Die OMV sieht zunächst die Politik am Zug. "Russisches Erdgas unterliegt in Europa keinen Sanktionen und wird von mehreren Ländern importiert ? über Pipelines oder LNG-Terminals. Sofern der Gesetzgeber einen Ausstieg aus russischem Gas vornehmen möchte, müssen zuerst die gesetzlichen Grundlagen dafür geschaffen werden", teilte das teilstaatliche Unternehmen auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters mit. Details zu den Verträgen mit Gazprom will der Konzern nach wie vor nicht nennen. Diese würden der Vertraulichkeit unterliegen. Zudem verwies die OMV erneut darauf, dass sie ihre Kunden im Bedarfsfall zu 100 Prozent mit nicht-russischem Erdgas beliefern könnte.

Der Gasverbrauch in Österreich fiel laut Energieministerium im Vorjahr zwar auf 86,4 Terawattstunden (TWh) von 94,8 TWh im Jahr davor. Der Anteil an russischem Erdgas kletterte im Dezember allerdings auf den Rekordwert von 98 Prozent, nachdem er ab Sommer 2022 über einen längeren Zeitraum gesunken war. "Diese Entwicklung beweist, dass die Akteure am liberalisierten Gasmarkt zu geringe Anstrengungen unternehmen, um unsere Abhängigkeit zu reduzieren", kritisierte Gewessler.

ENERGIEFIRMEN SOLLEN ZUR DIVERSIFIKATION VERPFLICHTET WERDEN

Um die Abhängigkeit von russischem Erdgas zu reduzieren, sollen die Gasversorger nach den Plänen der Ministerin zur breiteren Aufstellung ihrer Gasbestellungen verpflichtet werden. "Wenn die Gasversorger am liberalisierten Gasmarkt nicht aus eigenen Stücken tätig werden, dann braucht es gesetzliche Verpflichtungen." Die vergangenen Monate hätten gezeigt, dass es genug nicht-russisches Erdgas in Europa gebe. Trotzdem kaufen österreichische Energieunternehmen laut Gewessler zu wenig nicht-russisches Erdgas ein. Für eine gesetzliche Verpflichtung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament nötig.

Inwieweit der Koalitionspartner der Grünen, die konservative Volkspartei (ÖVP) unter Bundeskanzler Karl Nehammer in die Pläne eingebunden ist, ist unklar. "Diese Vorschläge sind jetzt nicht gänzlich neu, sie sind auch unserem Koalitionspartner bekannt, wir arbeiten jetzt die gesetzlichen Vorlagen aus, und dann werden wir schnellstmöglich in die Gespräche gehen", sagte Gewessler. Spätestens im Herbst finden Parlamentswahlen in Österreich statt.

(Bericht von Alexandra Schwarz-Goerlich, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)

OMV AG

WKN 874341 ISIN AT0000743059