Cloud- und Internet-Infrastruktur

14.06.2016
um 16:50 Uhr

Binnen weniger Jahre sind verschiedene Cloud-Dienste vom hochspeziellen Nischenprodukt zum wesentlichen und strategisch wichtigen Entwicklungs- und Wachstumsfaktor in beinah jedem modernen Businessumfeld geworden. Vielmehr noch, der Cloud-Zugang sowie die dadurch angebotene Serviceleistung könnten in manchen Fällen über die Profitabilität oder sogar das Fortbestehen eines Unternehmens entscheiden. Mit den aufkommenden Zukunftstrends wie Industrie 4.0, Virtual Reality oder auch Internet-of-Things wird sich die Nachfrage nach verschiedenen Cloud-Diensten und -Infrastrukturen in geometrischer Progression erhöhen. Für den wöchentlichen TrendScout ist es Grund genug, um die luftige Wolkenbranche und ihre Profiteure genauer unter die Lupe zu nehmen.

Über den Wolken

Der populäre Bergriff „Cloud“, der aus dem Lexikon der Computerbranche mittlerweile nicht mehr wegzudenken ist, ist kein sonderlich neuer Begriff. Der damit beschriebene Prozess des sogenannten Cloud-Computing nahm seinen Anfang wie so manch revolutionäre Idee der PC-Industrie in der weiten Prä-Internet-Ära. Bereits im Jahr 1960 formulierte der US-amerikanische Psychologieprofessor und Computerwissenschaftler Joseph Licklider seine Idee, dass es schon sehr bald alle Menschen auf der Welt zu einem riesigen Netzwerk vereint, aus dem sie nicht nur Informationen, sondern auch die benötigte Softwareausstattung und Rechenkapazität bekommen würden. Diese Idee wurde 1961 von dem Informatiker und Wissenschaftler John McCarthy, der als Vater der Rechen-Cloud gilt, in einer Rede zum hundertjährigen Jubiläum der berühmten Technologie-Schmiede MIT in Massachusetts präzisiert. Er beschrieb einen Prozess, während dessen weit entfernte Hochleistungscomputer alle Rechenprozesse übernehmen und die fertigen Resultate als Dienstleistung anbieten. So wurde kurzerhand ein anderes wichtiges Wort der modernen Internetwelt geboren – der Server.

Die Cloud-Pioniere

Mit der rasanten Entwicklung des Internets sowie einer global angesetzten Digitalisierung, die seit den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts eingesetzt hat, stößt auch die Cloud-Technologie auf neue technische Horizonte.

Die Entstehung der ersten Technologie, die dem modernen Begriff „Cloud-Computing“ nahekommt, beansprucht der US-amerikanische CRM-Spezialist Salesforce.com für sich, der im Jahr 1999 gegründet wurde. Das Unternehmen bot als erster Anbieter die Möglichkeit eines freien Zugangs über die firmeneigene Homepage zu seiner speziellen Service-Software, die bestimmte Managementaufgaben übernehmen konnte. Auf diese Weise wurde das heute geläufige Prinzip der sogenannten Software-as-a-Service (SaaS)-Dienstleistung geschaffen.

Den zweiten Schritt in der Cloud-Entwicklung machte im Jahr 2002 ein damals noch recht unbekanntes Unternehmen, dessen Aktienpreis zwischen 9 und 10 USD lag: Jeff Bezos‘ Amazon. Das Unternehmen bot die Möglichkeit, eigene Daten in der Amazon-Cloud lagern zu können. 2006 startete das Unternehmen seinen eigenen, webbasierten Service Elastic Compute cloud (EC2), der den Nutzern einen Start der „eingelagerten“ Anwendungen erlaubte.

Im gleichen Jahr zog auch der IT-Gigant und Suchmaschinenbetreiber Google (Alphabet) mit seinem SaaS-Service „Google Apps“ und später mit der Erweiterung Plattform-as-a-Service-(PaaS)-Dienstleistung „Google App Engine“ nach.

Schließlich ließ sich der Windows-Konzern Microsoft von der vielversprechenden Zukunftstechnologie anstecken und brachte 2008 mit seiner „Azure Service Plattform“ eine eigene Cloud-Technologie auf den Markt.

"You can't stop the signal."

(Mr. Universe, „Serenity“)

Laut den neuesten Untersuchungen der Analysten des US-amerikanischen IT-Giganten Cisco Systems werden in den nächsten fünf Jahren rund 1 Mrd. neue Nutzer das Internet für sich entdecken; es werden rund 10 Mrd. neue Internet-Lösungen bzw. -Geräte entwickelt und die Intensität des globalen Internet-Traffics wird sich verdreifachen.

Die Statistik für das Jahr 2015 macht den Trend deutlich. So wuchs die Intensität des Online-Traffics für verschiedene Internet-Stream-Dienste im vergangenen Jahr um fast 100 %; der Virtual-Reality-Traffic hat sich vervierfacht; der Stream-TV-Traffic stieg um 50 %. Unter den wichtigsten Wachstumstreibern werden immer öfter die steigende Zahl verschiedener IoT-Technologien, Online-Gaming sowie die steigende Anzahl mobiler Gadgets wie Smartphones und Tablets genannt.

Für das Jahr 2020 prognostizieren die Experten von Cisco, dass rund 82 % (2015: 70 %) des globalen Web-Traffics Video-Content darstellen wird und das Stream-Volumen verschiedener Cybersport- und Gaming-Events sich versiebenfachen wird. Die Anzahl der Online-Gamer wird sich von aktuell 1,1 Mrd. auf 1,4 Mrd. erhöhen. Die Smartphones werden rund 30 % des gesamten Web-Traffic-Volumens ausmachen, wobei der PC-Anteil auf rund 29 % zurückgehen wird.

Es ist offensichtlich, dass die größten Profiteure sich unter den Cloud- und Internet-Infrastruktur-Anbietern, Gaming- und Cybersport-Spezialisten sowie den hochspezialisierten Service-Software-Anbietern, z. B. im Bereich der Cybersecurity befinden werden. So wird sich beispielsweise laut Expertenmeinung die Profitabilität des Cloud-Giganten Amazon in den nächsten fünf Jahren in dieser Marktbranche dank seiner „Amazon Web Services“ verneunfachen.

Der TrendScout richtet seinen Blick aber auf die eher unbekannten Vertreter der großen Internetbranche, die sich weitgehend im Schatten halten und dennoch vom kommenden Marktwachstum profitieren werden.

CoreSiteRealty(COR)

Der Internet-Infrastrukturanbieter spezialisiert sich auf Akquisitionen und das kommerzielle Betreiben von Data- und Rechenzentren. Aktuell befinden sich rund 17 Rechenzentren in den acht wichtigsten Kommunikationsmärkten in den USA in seiner Obhut und noch zwei weitere befinden sich im Bau.

Die Dienstleistungen von CoreSite werden bereits von mehr als 900 Unternehmen, darunter solchen Größen wie Disney, Microsoft, Verizon, Facebook, Google, Amazon, Cisco oder auch dem Nachrichtensender NBC, regelmäßig in Anspruch genommen. Angesichts des explosiven Datenwachstums in den aufkommenden Trends wie Big-Data, eMobilität, IoT, Cybersport und Cloud-Computing verzeichnet CoreSite eine stetig wachsende Nachfrage, die sich in Zukunft weiter erhöhen wird.

Am 27. April kommunizierte CoreSite Q1-Zahlen und es wurde deutlich, dass sich der mit rund 2,57 Mrd. USD kapitalisierte Konzern wie schon seit mehr als fünf Jahren auf Wachstumskurs befindet. Das REIT-Unternehmen  gab bekannt, im 1. Quartal 40,9 Mio. USD Funds-From-Operations-Erlöse gemacht zu haben. Dies entspricht einem Ergebnis von 0,86 USD je Aktie. Der Wert liegt über dem vom Konsens erwarteten Wert von 0,83 USD je Aktie. Das Nettoergebnis lag bei 11,3 Mio. USD oder 0,37 USD je Aktie. Ebenfalls über den Erwartungen lag auch der Umsatz von 92,5 Mio. USD. Der Konsens ging in seinen Schätzungen lediglich von einem Wert von 90,6 Mio. USD aus. Für das laufende Jahr erwartet der Konzern insgesamt einen FFO-Wert von 3,52 bzw. 3,60 USD je Aktie. Der Konzernumsatz 2015 stieg um 22,34 % auf 333,29 Mio. USD und der Nettogewinn erhöhte sich um beachtliche 52,45 % auf 34,71 Mio. USD.

In der vergangenen Woche meldete der Konzern eine Erweiterung der Kooperation mit dem eCommerce-Giganten Amazon, die das Wachstum des Unternehmens zusätzlich beschleunigen könnte. CoreSite annoncierte nun die Verfügbarkeit des Amazon Web Services (AWS) Direct Connect auch am CoreSite-Standort in Santa Clara auf dem Silicon-Valley-Market. Durch AWS Direct Connect werden die CoreSite-Klienten nun einen direkten Zugang zur AWS-Cloud erhalten und zwar über das private Firmennetzwerk, was zu einer erheblichen Kostenreduzierung führen wird und gleichzeitig die Sicherheit und Netzwerk-Performance steigert. Damit steigt die Anzahl der Märkte von AWS Direct Connect via CoreSite auf drei (Los Angeles, New York/New Jersey und das Silicon Valley).

Veeva Systems (VEEV)

Ein weiterer Profiteuer des digitalen Zeitalters mit einer vielversprechenden Wachstumsperspektive ist der Cloud-Spezialist Veeva Systems. Das Unternehmen gehört laut den Analysten von Forbes zu den 25 am schnellsten wachsenden Technologiewerten im Jahr 2016 (Fast 25 Tech) und ist schon mehrmals, angesichts eines möglichen Big-Picture-Break-Outs ins Blickfeld des TraderFox-TrendScouts geraten. Letzte Woche war es dann soweit. Die Aktie brach vor dem Hintergrund starker Q1-Zahlen, die über den Analystenerwartungen lagen, durch und markierte ein neues Zwei-Jahres-Hoch. Der Umsatz stieg um 33,2 % auf 120 Mio. USD (Konsens: 115 Mio. USD). Das Ergebnis je Aktie lag bei 0,11 USD (Konsens: 0,07 USD). In Anbetracht einer erfolgreichen Wachstumsdynamik hat das Unternehmen seine Jahresprognose angehoben. Der Konzern geht nun von einem Umsatz im Bereich zwischen 516 und 520 Mio. USD aus, vorher waren es 508–513 Mio. USD. Das angestrebte Wachstum für das laufende Fiskaljahr liegt im Bereich von 23–24 %.Der wesentliche Wachstumstreiber ist die innovative Stärke des Unternehmens sowie seine relativ große Kundenbasis von 400 Klienten, zu denen auch große Pharma- und Biotechkonzerne gehören. 

Veeva spezialisiert sich auf Lösungen im Bereich Life -Science und konnte in den letzten drei Jahren ein rund 47%iges Wachstum in diesem Segment vorweisen. Der Konzern wird auch in Anbetracht steigender Investitionen entlang des gesamten Biotech-Sektors, in die personalisierte Medizin, die Biotech-Science oder auch die Entwicklung neuer Präparate sicherlich in der zukünftigen Perspektive von der Nachfrage nach seiner Expertise im Bereich Life-Science profitieren können.

USU Software

Unter den deutschen Service-Software-Spezialisten fällt das mit nur rund 210 Mio. Euro kapitalisierte Unternehmen USU Software aus Möglingen auf. Ende Mai untermauerte der Konzern mit sehr starken Q1-Zahlen seine feste, fundamentale Stellung und intakte Wachstumsperspektive. Der Umsatz stieg um 20,5 % auf 16,9 Mio. Euro. Das Lizenzgeschäft stieg um 60,5 % auf 3,1 Mio. Euro. Das Auslandsgeschäft legte um 12,3 % auf 4,7 Mio. Euro zu. Das bereinigte EBIT erhöhte sich um 27 % auf 1,37 Mio. Euro. Der Auftragsbestand stieg ebenfalls um 30 %. Hauptwachstumstreiber des letzten Quartals war nach Angaben des Konzerns das margenstarke Geschäft mit Software-Lizenzen sowohl im Ausland als auch im deutschen Kernmarkt, der in der zukünftigen Perspektive weiter dynamisch zulegen sollte.

Das Unternehmen spezialisiert sich auf Softwareentwicklung für wissensbasiertes Servicemanagement. Zu den Lösungen gehören Produkte für den effizienten und kostenoptimalen Einsatz von IT-Infrastrukturen sowie zur Optimierung wissensintensiver Geschäftsprozesse. Zu den Kunden zählen Firmen wie BASF, Bosch, BMW, aber auch Texas Instruments.

Fazit.

Abschließend lässt sich anmerken, dass der Markt von hochspezialisierten Service-Software-, Internet-Infrastruktur- und Cloud-Anbietern durch aufkommende Trends wie etwa IoT und Virtual Reality von einer starken Wachstumsdynamik erfasst werden könnte. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, auch kleinkapitalisierte, junge Unternehmen sowie Werte, die teilweise noch Verluste schreiben wie ServiceNow (NOW), Marketo (MKTO) oder auch EBIX (EBIX), über die Sie mehr in der Rubrik „Anlagetrends“ erfahren können, auf der Watchlist zu haben.