Reuters

Die ungeklärten Fragen des Diesel-Konzepts

05.10.2018
um 10:41 Uhr

- von Markus Wacket und Jan Schwartz

Berlin (Reuters) - Die Bundesregierung hat ein Diesel-Konzept vorgelegt, mit dem die Luft sauberer und ein Fahrverbot in mehreren Städten vermieden werden soll.

Im Idealfall hofft sie darauf, dass die Pläne bereits dazu führen, dass Gerichte weitere Verbote als unverhältnismäßig einschätzen. Im Konzept gibt es allerdings sowohl beim Umtausch als auch der Nachrüstung offene Fragen. Unklar ist nicht nur - die die Regierung selbst einräumt, inwieweit sich die Hersteller an einer Nachrüstung mit Katalysatoren beteiligen. Darüber hinaus ist beim Geld, bei rechtlichen Fragen und im Zeitablauf einiges unscharf.

UMTAUSCHPRÄMIEN

Hersteller sind bereit, Umtauschprämien von bis zu 10.000 Euro für ältere Diesel anzubieten. Details, für welche Modelle welche Summen gezahlt werden, sind aber noch unbekannt. Als sicher gilt, dass die Prämien auf den jeweiligen Listenpreis angerechnet werden, wie etwa VW deutlich macht. Das heißt, die häufig üblichen Rabatte beim Neukauf kommen nicht zusätzlich zum Tragen.

HAFTUNG BEI NACHRÜSTUNG

Abgesehen von der Frage der Kostenübernahme der um die 3000 Euro teuren Nachrüstung für Euro-5-Autos wird auch über die Haftung diskutiert. Laut Verkehrsministerium haften die Nachrüst-Firmen auch für eventuelle Folgeschäden am Auto. "Wie bei Reparaturen üblich, übernimmt derjenige die Haftung, dessen Teil für Folgeschäden verantwortlich ist", sagt zwar auch Nachrüster Hubert Mangold von Oberland Mangold aus Oberbayern. Für den Diesel-Fahrer kann sich aber das Problem stellen, einen Nachweis über den Verursacher des Schadens führen zu müssen.

Autokonzerne wie VW warnen: "Es gibt kein System, das langfristig getestet und auch zugelassen ist", sagt ein VW-Sprecher. "Das ist ein massiver Eingriff in Motor und Motorsteuerung." Der ADAC zeigt sich verwundert, da es solche Debatten bei der Nachrüstung von Lieferwagen oder Lkw nicht gegeben haben: "Es trägt zur Verunsicherung bei", sagt ADAC-Experte Stefan Gerwens.

DIE 270-MILLIGRAMM-GRENZE

Die Bundesregierung will gesetzlich regeln, dass Fahrzeuge mit einem Stickoxid(NOx)-Ausstoß von bis zu 270 Milligramm auch bei Fahrverboten in Städte fahren können. "Der Wert muss im Realbetrieb eingehalten werden", erklärt das Verkehrsministerium. Nachgerüstete Diesel müssen diesen Wert also ebenso erreichen wie alle anderen Fahrzeuge. Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) werde eine Liste vorlegen, welche Fahrzeuge den Wert einhalten, heißt die Antwort im Ministerium. Dies gelte, "sobald das Nachweisverfahren festgelegt ist". Der ADAC vermutet, dass hier der neue RDE(Real-Driving-Emissions)-Standard ins Spiel kommen könnte. "Es scheinen dazu RDE-Messungen für nachgerüstete Fahrzeuge und junge Gebrauchte der Euro-5-Norm nötig", sagt Gerwens. "Allerdings trifft dies auf eine Phase, wo die Prüfstandkapazitäten ohnehin eng sind."  

KONTROLLE IN FAHRVERBOTSZONEN

Die Regierung lehnt eine gesonderte Kennzeichnung ("Blaue Plakette") für sauberere Fahrzeuge ab. Die Behörden sollen in Fahrverbotszonen stattdessen über das Kennzeichen und eine Abfrage im Fahrzeugregister den NOx-Ausstoß ablesen können. Dafür muss aber zunächst das Straßenverkehrsgesetz geändert werden. Wie schnell dies geschehen kann, ist offen.

WIE ÄNDERT SICH AM NACHGERÜSTETEN AUTO?

Das Verkehrsministerium geht von einem Leistungsverlust und einem Mehrverbrauch von bis zu zehn Prozent aus. Der ADAC spricht von bis zu sechs Prozent. Obwohl damit auch der CO2-Ausstoß steigt, soll die KFZ-Steuer sich nicht ändern. Dazu muss regelmäßig Harnstoff (AdBlue) nachgefüllt werden. Wie oft und in welchen Abständen ist erst dann zu beantworten, wenn erste Systeme auf dem Markt und zugelassen sind. Dafür muss der Bund zunächst die Zulassungsordnung für die technischen Details erlassen.

WER DARF UMTAUSCHEN ODER NACHRÜSTEN?

Der Bund sieht dafür 14 besonders belastete Städte sowie die angrenzenden Landkreise vor. Dazu kommen Fernpendler in die Städte sowie Selbstständige mit Firmensitz dort. Außerdem können Härtefälle festgelegt werden. Der ADAC hat festgestellt, dass dies als nicht klar wahrgenommen wird: "Die Abgrenzung sorgt für Unruhe bei Verbrauchern: Wer kommt in den Genuss von Prämien und Nachrüstung, wer nicht", sagt Gerwens.

Bayerische Motoren Werke AG

WKN 519000 ISIN DE0005190003

Mercedes-Benz Group AG

WKN 710000 ISIN DE0007100000

Porsche Automobil Holding SE

WKN PAH003 ISIN DE000PAH0038

Volkswagen AG Vz.

WKN 766403 ISIN DE0007664039